Je kleiner die Geräte, mit denen wir im Internet unterwegs sind, desto wichtiger die Typografie …

●Die Typo spielt auf den kleinen Bildschirmen unserer Smartphones – oder sogar der Smartwatch – eine tragende Rolle: als wirksames Brandinginstrument und als Garant für optimalen Lesegenuss. Wir haben die Experten fürs Kleine genauer unter die Lupe genommen.
Der Interaction Designer und Typograf Frank Rausch kombiniert die Regular gerne mit dem Black-Schnitt (siehe Bild oben), um den Unterschied zwischen normal und fett stärker hervorzuheben.
In der Viki-App setzte er Diogenes Black für Überschriften und Hervorhebungen ein, ansonsten Diogenes Regular, jeweils als Aufrechte und Kursive. Für alle Interface-Elemente, die keine Lesetexte sind, nutzt Viki die serifenlose Komet, ebenso für die oft kleinteiligen Tabellen in Artikeln. Typedesigner Jan Fromm fertigte für die Verwendung in der App eine spezielle Version mit standardmäßig aktivierten Tabellenziffern und einem schmaleren Wortabstand an.

»Schriftsetzer im klassischen Sinne gibt es nicht mehr. Aber vielleicht wäre es gut, wenn Interaction-Design-Agenturen welche einstellen würden, die in den CSS genau die kleinen Berichtigungen vornähmen, wie sie es früher im Bleisatz taten.« Jason Smith, Gründer Fontsmith
Für Bas Jacobs, einen der drei Gründer der niederländischen Foundry Underware bedeuten kleine Screens weniger Platz für Kinkerlitzchen: »Sie zwingen den Designer sich auf das Wichtigste zu beschränken – und das ist in der Regel Text.«
Jason Smith, Gründer der Foundry Fontsmith in London bestätigt diese Einschätzung. Für ihn müssen geeignete Fonts in erster Linie flexibel sein: »Sie erscheinen heute auf verschiedensten Devices: Desktop-Rechnern, Tablets, Smartphones, Wearables oder Virtual-Reality-Headsets. Um einen konsistenten Auftritt zu gewährleisten, muss ein Corporate Font in kleinen und großen Größen funktionieren und auch mit sehr guten und weniger guten Auflösungen zurechtkommen.«

Die britische Supermarktkette Sainsbury’s verwendet eine modifizierte Version von Fontsmith‘ Lola auf allen Plattformen. Die freundliche Schrift ist auf Anhieb wiederzukennen. Quelle: http://sainsburys.co.uk
Anhand dieser fünf Kriterien finden Sie die passende Type:
1 Wiedererkennbarkeit
Wenn es keinen Corporate Font gibt: Suchen Sie für die Headlines nach einer eigenständigen Schrift, die den Charakter der Marke oder des Unternehmens widerspiegelt und sie unverwechselbar macht.
2 Lesbarkeit
Eine klare Serifenlose mit offenen Buchstabenformen und großer x-Höhe ist in sehr kleinen Größen am Bildschirm in der Regel am besten lesbar. Die momentan so angesagten geometrischen Sans-Serif-Schriften können durch ihre geschlosseneren Formen hier nicht mithalten. Sinnvoll kann
es außerdem sein, in kleinen Größen die Laufweite zu erhöhen. Soll es eine Serifenschrift sein, auf die Form der Serifen achten! Rechteckige nehmen die Form des Pixelrasters auf, das funktioniert am Bildschirm besonders gut.
3 Unterscheidbarkeit
Sind das l und das versale I gut auseinanderzuhalten? In manchen Schriften, auch Serifenlosen, hat das i eine kleine Serife, das hilft bei der Buchstabenerkennung ebenso wie ein Punkt in der Null diese vom O unterscheidet.
4 Sprachunterstützung
In welchen Ländern will das Unternehmen kommunizieren? Unterstützt die Schrift diese Sprachen? Praktisch ist auch – speziell fürs Interfacedesign – ein Set mit Icons.
5 Lizenzen
Ein konsistenter Auftritt über verschiedene Medien und Plattformen ist für einen erfolgreichen Markenauftritt unerlässlich. Checken Sie genau, welche Lizenzen dafür erforderlich sind (Desktop-, Web- und App-Fonts).
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